Forstbetrieb / Stadtraumservice Mannheim fördert durch misssglückte ‚Waldumbaumaßnahmen‘ die Vermehrung und Ausbreitung invasiver Neophyten. Weitere gebietsfremde Arten wurden eingeschleppt.

Um was geht es / Was ist geschehen?

Im Zuge des von der Stadt Mannheim forcierten ‚Waldumbaus‘ wurden in der Wintersaison 2021/2022 im Käfertaler Wald 6 weitere der sogenannten Umbauflächen ‚angelegt‘. (Im Dossenwald 7 Flächen.) Bereits vergangenen Winter hatte das AB Waldwende die Vorgehensweise scharf kritisiert.

Rückblick: (siehe hierzu auch unsere Pressemitteilung vom 06.03.2022)

Im ersten Schritt wurden weitestgehend Kahlschläge erzeugt, wodurch zunächst viel mehr Licht einfällt und sich Boden und untere Luftschichten überdurchschnittlich stark erwärmen. Durch die schweren Forstmaschinen wurden die Böden stark geschädigt und zudem wurden auch mehrere der wenigen Bäume, die den Kettensägen nicht zum Opfer gefallen sind, auch beschädigt. In diesem Zuge wurde zwar auch die Spätblühe Traubenkirsche (Prunus serotina), die man als invasiv geltende Art bekämpfen will, zunächst weitestgehend entfernt sowie einige Robinien; jedoch wurde anschließend sämtliche Biomasse in Form der frisch gefällten Bäume und anderes Totholz von den Flächen geräumt.
Sehr viele der älteren Exemplare der Traubenkirsche wurden zuvor mittels Bagger samt Wurzelballen herausgerissen. Aufgrund der hohen Anzahl und zum Teil relativ hohen Dichte von Traubenkirschen wurde dadurch der Oberboden auf mehr oder weniger der gesamten Fläche aufgerissen, dann sozusagen stark durchwühlt/durchmischt und danach wieder irgendwie zusammengeschoben. Hierdurch ging die ohnehin relativ dünne Humusschicht verloren und das gesamte Bodengefüge mit allen darin befindlichen Organismen und Biozönosen wurde zerstört! Gleichzeitig wurde der Unterboden der Bereiche, die mit den Maschinen befahren wurden, stark verdichtet. Dies hat zur Folge, dass die natürlichen Bodenfunktionen (in diesen Schichten) auf Jahrhunderte zerstört sind. Es wurden somit die denkbar schlechtesten Ausgangsbedingungen für neues Waldwachstum (heimischer Arten) geschaffen! Genau so ist man leider auch in den Jahren zuvor vorgegangen. Die Bilder nach diesen Eingriffen gleichen einer Mondlandschaft. Und gleichzeitig wurden durch die beschriebene Vorgehensweise Bedingungen geschaffen, die die Ausbreitung genau der Arten, die man eigentlich bekämpfen will, stark begünstigen. Dazu weiter unten mehr.

Nächste Umbau-Schritte:

Zwischenzeitlich wurden die Flächen mit unterschiedlichen Baumarten bepflanzt und wieder komplett großräumig eingezäunt. (Kleine Ausnahme: Teilfläche Nr. 3 wurde nicht gänzlich eingezäunt.) Nach einer Begehung bzw. Begutachtung am 24.09.22 (durch ein Mitglied des Aktionsbündnisses) kann man Folgendes feststellen:

  • Es wurde wieder in Reihen (anstatt in Kleingruppen/Clustern) gepflanzt.
  • Es wurden im Grunde mehrere, kleine Monokulturen nebeneinander gepflanzt.
  • Die Pflanzungen bzw. Artenzusammensetzungen sind nicht orientiert an natürlichen Pflanzengesellschaften und zum Teil auch nicht an spezifische Standortansprüche. Zwei Beispiele an dieser Stelle (Die Liste ist lang):
    • In mehreren Teilbereichen wurden ausschließlich Vogel-Kirschen (Prunus avium) Diese Art kommt niemals als Hauptbaumart in natürlichen Wäldern bzw. Pflanzengesellschaften vor, sondern wenn, dann nur als Einzelbaum zerstreut oder allenfalls in kleinen Gruppen. Des Weiteren bevorzugt sie frische, mittel- bis tiefgründige und nährstoffreiche Lehm- oder Mullböden. Dieser Boden liegt jedoch nicht vor.
    • Elsbeere (Sorbus tominalis): Für ein gutes Gedeihen benötigt sie kalkhaltigen, jedoch mindestens basischen Untergrund. Im Käfertaler Wald sind die Böden überwiegend basenarm. Also auch schlechte Ausgangsbedingungen. Es ist zwar durchaus möglich, dass sich in tieferen Schichten kalkhaltige Sande befinden, jedoch ist unklar, in welcher Tiefe und falls ja, ob die jungen Elsbeeren in den stark geschädigten und verdichteten Böden mit ihren Wurzeln überhaupt soweit vordringen können. Des Weiteren wurde auch die Elsbeere in kleinen Monokulturen gepflanzt. Eine Mischung bzw. Kombination mit Eichen wäre sinnvoll gewesen.
  • Viele der gepflanzten Bäumchen sind abgestorben bzw. vertrocknet. Schätzungsweise mind. 50 %. (Soweit von außen einsehbar.)
  • Invasive Neophyten in großen Mengen. Sie sind wie die ‚Pilze aus dem Boden‘ geschossen. Namentlich Spätblühende Traubenkirsche, Gewöhnliche Robinie (Robinia pseudoacacia), Götterbaum (Ailanthus altissima) und nun zusätzlich die Amerikanische Kermesbeere (Phytolacca americana). Siehe Fotos unten.
    Diese Arten sind gut angepasst an diese widrigen Bedingungen, schnellwüchsig und somit konkurrenzstark. Sie profitieren sehr von der großen Menge Licht, die nun in die (fast) kahl geschlagenen Umbauflächen gelangt. Dagegen haben die gepflanzten Bäumchen und andere Pflanzen kaum eine Chance. Zudem wurden weitere gebietsfremde Arten und solche eingeschleppt, die eigentlich auf Waldstandorten nicht vorkommen wie z.B. Australischer Drüsengänsefuß, Hühnerhirse oder Rote Borstenhirse. (Letzt genannte gelten als typische Acker-Unkräuter).
    Dies war allerdings zu erwarten, da man auf jahrelange Erfahrungen und Erkenntnisse eigentlich zurückgreifen kann. Jedoch haben dies die Verantwortlichen offenbar nicht getan, was von außen betrachtet in keiner Weise nachvollziehbar ist.

Fazit:

Wie oben beschrieben, hält man nach wie vor an den bisherigen Methoden fest, welche die starke Ausbreitung gebietsfremder Arten fördern und gleichzeitig die Entwicklung natürlicher Waldgesellschaften hemmen oder verhindern. Als wolle man ein großes Feuer mit Benzin löschen. Man hat sich wohl noch immer nicht mit der Ökologie der einzelnen Arten, ob heimisch oder gebietsfremd, befasst und ignoriert weiterhin das seit vielen Jahren bekannte Wissen um die Pflanzensoziologie. Der sogenannte ‚Waldumbau‘ wird nicht gelingen, wenn man weiterhin mit radikalen Methoden versucht, nach dem Legobaustein-Prinzip sich einen künstlichen Wald zu bauen. Dieser ‚Waldbau‘ ist im Grunde das Anlegen eines Ziergartens im Großformat. Nach gärtnerischer bzw. forstlicher ‚Kunst‘ werden hier die Baumarten künstlich (nach Einzelkriterien) zusammengesetzt bzw. dann in ‚Beete‘ gepflanzt mit der Hoffnung, dass es schon was wird. Diese erneut geschaffenen (Kunst-)Forste sind, wie Ziergärten auch, ziemlich pflegeintensiv. Zumindest in den ersten 5 bis 10 Jahren. Dies fängt mit dem alljährlichen, nicht enden wollenden Rückschnitten der invasiven Neophyten an und hört bei …(wo??????) auf. Die Kosten sind enorm.

Aussicht:
Das Aktionsbündnis Waldwende Mannheim hatte bereits mehrfach in der Vergangenheit allen Waldeigentümerinnen Vorschläge unterbreitet, wie auf schonende Art und Weise die nächste Waldgeneration etabliert werden kann. Ohne große/schwere Maschinen, ohne ‚Umbau‘ und somit ohne große Schäden. Mit der Natur arbeiten, nicht gegen sie. Wir hoffen weiterhin, dass die Verantwortlichen aus den offenkundigen und für sich sprechenden Resultaten der bisherigen Maßnahmen ihre Schlüsse ziehen und umsteuern. Die Vorschläge des AB Waldwende Mannheim sind nicht neu und wir sind auch nicht deren Erfinder. Es sind Erkenntnisse aus Naturwissenschaft und Erfahrungen anderer Waldbesitzer. Man weiß also, dass der ‚Waldumbau‘ mit anderen Methoden gut funktioniert. Ein erster Schritt wäre, dass bei den zukünftigen ‚Umbauflächen‘ keine (Fast-)Kahlschläge mehr erzeugt, sondern ausschließlich die invasiven Neophyten zurückgedrängt werden. (Einzelne, abgestorbene Kiefern, die zeitnah drohen umzustürzen, können gefällt werden.) Dies muss schonend erfolgen. Ohne Bagger oder sonstige Großmaschinen. Nur manuelles Zurückschneiden oder Ringeln. Die anfallende Biomasse sollte dann weitestgehend auf den Flächen verbleiben. Alles Weitere dazu z.B. hier……

MA-Käfertaler Wald, Umbaufläche
Umbaufläche. Boden zerstört und Totholz geräumt. (24.09.22)
MA-Käfertaler Wald, Umbaufläche
Andere Umbaufläche. (24.09.22)
Götterbaum+Späte Traubenkirsche
Götterbaum (links) u. Spätbl. Traubenkirsche (rechts).
Robinien (Robinia pseudoacacia)
An vielen Stellen unter den restlichen, wenigen Kiefern massiver Aufwuchs von Robinien, der durch das Fällen alter Exemplare ausgelöst wurde.
Kermesbeere, Amerik. (Phytolacca americana)
Amerikanische Kermesbeere (Phytolacca americana) auf den Umbauflächen. (24.09.22)
Kermesbeere, Amerik. (Phytolacca americana)
Weitere Kermesbeeren (Phytolacca americana) zwischen Zaun und Weg. (24.09.22). Sieht hier zwar harmlos aus, aber die Verbreitung ist voll im Gange.
MA-Käfertaler Wald, Umbaufläche
Weitere Umbaufläche, nur teilweise eingezäunt. (24.09.22)
Spätblühende Traubenkirsche (Prunus serotina)
Verjüngung der Spätblühenden Traubenkirsche (Prunus serotina) aufgrund Freilegung des Bodens und starker Sonneneinstrahlung. (24.09.22)
Austral. Drüsengänsefuß (Dysphania pumilio)
Immer wieder sieht man zunehmend den Australischen Drüsengänsefuß (Dysphania pumilio). Er stellt zwar (noch) kein Problem dar, aber wer weiß, welchen Einfluss er möglicherweise auf andere Arten haben wird.